Bleiben Sie Eltern!
Laut Statistik wird in Deutschland jede dritte Ehe geschieden; wie oft unverheiratete Paare sich wieder trennen, zählt wahrscheinlich niemand. An sich ist eine Trennung und Scheidung - nüchtern betrachtet - keine schlechte Sache: Menschen, die sich einmal sehr geliebt haben, lieben sich nun nicht mehr und bevor sie einander weh tun, gehen sie getrennte Wege. Jeder hat die Chance, noch einmal neu sein Glück zu finden. So weit so gut. Doch nicht nur kinderlose Paare trennen sich, sondern oft auch Eltern minderjähriger Kinder. Es wäre unsinnig, von Eltern zu verlangen, weiter zusammen zu leben, bis etwa die Kinder aus dem Haus sind. Das wäre weder für die Eltern noch für die Kinder gut.
Nur die Trennung selbst muss anders verlaufen: Während kinderlose Paare den ehemaligen Partner bei ihrer Zukunft überhaupt nicht mehr berücksichtigen müssen, ihn geradezu aus ihrem weiteren Leben auslöschen können, geht dies bei Eltern nicht! Die Verantwortung, Eltern zu sein, ist viel größer als die, die Zusammenleben und/oder Heiraten erfordert. Auch getrennt lebende Eltern sind Eltern! Kinder haben ein Recht auf beide Elternteile und sie brauchen beide Elternteile.
Das verlangt von den (ehemaligen) Partnern sehr viel: Jeder Elternteil muss es schaffen, die Elternverantwortung vom Partnerkonflikt zu trennen. Das bedeutet nicht nur Selbstverständliches wie z.B., dass Kinder für eine Trennung keine Verantwortung tragen. Das bedeutet auch, dass nie und wirklich niemals von einem Elternteil gegenüber den Kindern schlecht über den anderen gesprochen wird. Das heißt, dass man die Kontakte der Kinder zum jeweils anderen Elternteil nicht nur Zähne knirschend duldet, sondern aktiv fördert, positiv beeinflusst, den Kindern das Gefühl gibt, dass es auch der eigene Wunsch ist, dass sie ein gutes Verhältnis zum anderen Elternteil haben. Das verlangt, dass man den Kindern Mut macht und ihnen die eigene Kreativität zur Verfügung stellt, sie ermuntert z.B. gute Klassenarbeiten dem anderen Elternteil zu zeigen, man den Kindern vorschlägt, eine Bastelarbeit oder ein Gemälde dem anderen Elternteil zu schenken und dem Kind behilflich ist, dem anderen Elternteil etwas zu Geburtstag und Weihnachten zu schenken. Das ist alles leicht gesagt, aber schwer getan. Insbesondere wenn man sich gegenseitig verletzt hat, wenn z.B. der andere Partner untreu geworden ist oder irgend sonst etwas vorgefallen ist, was verletzte Gefühle und Enttäuschung bedeutet, dann muss man einen großen Sprung über den eigenen Schatten machen. Die Kinder haben solche Anstrengungen jedoch immer verdient.
Wem es schwer fällt, dies alles zu leisten, der findet Unterstützung: Die Jugendämter und viele freie Träger bieten Hilfe an, Diakonie, Caritas, Kinderschutzbund zum Beispiel. Dort sind Beratungsgespräche und wo nötig auch Therapien möglich, um zu lernen, wie man die Konflikte der Partnerschaft von der Elternverantwortung trennen kann. Auch für Kinder, die unter der Trennung leiden, gibt es Hilfe. Als Beispiel seien die Trennungskindergruppen des Deutschen Kinderschutzbundes genannt. Aus der Arbeit dieser Gruppen wird erkennbar, dass Kinder kaum einen größeren Wunsch haben, als dass die Eltern sich vernünftig zueinander verhalten. Sie wünschen sich, dass die Eltern sich mit Handschlag grüßen, nicht in ihrer Gegenwart streiten und sie möchten auch nicht als Mittler für Botschaften zwischen den Eltern eingesetzt werden.
Natürlich können bestimmte Dinge auch über Anwälte und Gericht erstritten werden. Das ist gut so, aber eine zwangsweise vom Gericht diktierte Lösung ist immer schlechter, als eine durch eigene Einsicht getragene Verständigung mit dem ehemaligen Partner im Interesse der gemeinsamen Kinder. Wenn getrennt lebenden Elternteilen eine solche Verständigung gelingt, dann lernen Kinder auch etwas darüber, wie Konflikte erwachsen und verantwortungsbewusst gelöst werden. In einem solchen Fall ist eine Trennung nicht nur ein Unglück für Kinder, sondern sie können durchaus davon profitieren und auch ganz positive Erfahrungen machen. In diesem Sinne: Bleiben Sie Eltern!